Gebäude als Ressourcenlager

Wer für die Zukunft baut, soll in die Vergangenheit schauen. Das empfiehlt der Nachhaltigkeitsspezialist Lasse Lind von 3XN architects in Kopenhagen.

© 3XN Architects Lasse Lind Architekt und Partner von GXN und 3XN architects in Kopenhagen

Was ist eigentlich ein «grünes» Gebäude?

Für mich ist es relativ einfach: Ein «grünes» Gebäude wirkt sich auf die Umwelt weniger negativ aus als ein herkömmliches, weil darin zum Beispiel Materialien mit einem tiefen CO²-Ausstoss verbaut worden sind, weil im Gebäude energieeffiziente Technologien zum Einsatz kommen, weil Wasser gespart wurde und vor allem, weil diese ökologische Performance nachweisbar ist.

Welche Bedeutung messen Sie diesbezüglich ökologischen Daten bei?

Die Umweltproduktdeklarationen (EPD) sind ökobilanzierte Daten, bezogen auf ein spezifisches Produkt. Als transparente, ökologische Produktdaten sind sie zu einer gemeinsamen Sprache geworden. Sie helfen, Produkte zu vergleichen, zu bewerten und ihre Performance zu messen. Noch vor fünf oder zehn Jahren waren Unternehmen selten in der Lage, zu erklären, woraus genau ihre Produkte bestehen. Stellen Sie sich vor, ein Nahrungsmittelhersteller wüsste nicht, was in seinem Produkt steckt! Niemand von uns würde ein solches Lebensmittel essen. Ich ziehe gerne diesen Vergleich heran, weil ich finde, dass die Transparenz auch in der Baubranche wichtig ist.

Ihre Spezialität ist der Kreislaufgedanke. Was ist die Idee dahinter?

In der Kreislaufwirtschaft betrachtet man ein Material in einer Zeitdimension: Wie wurde es in der Vergangenheit verwendet, wie wird es in Zukunft eingesetzt? Im Grunde genommen reflektiert die Kreislaufwirtschaft das Prinzip, das wir in der Natur vorfinden. Da gibt es keinen Abfall, nur Ressourcen. Ein Blatt, das vom Baum gefallen ist, ist kein Abfall, sondern Nahrung für Tiere und Insekten. Die Natur kennt nur geschlossene Kreisläufe. Daran orientiert sich auch die Kreislaufwirtschaft.

Im Moment ist die Kreislaufwirtschaft aber mehr ein Experiment als Standard.

Interessanterweise ist der Kreislaufgedanke weder neu noch experimentell. Im Gegenteil, wenn wir die alten Holzhäuser näher anschauen, stellen wir oft fest, dass sie genau nach diesem Prinzip errichtet worden sind. Früher gingen die Menschen allein schon aus ökonomischen Gründen mit ihren Ressourcen sparsam um und setzten alte Bauelemente und Materialien für Neubauten ein. Dieses Prinzip finden wir überall in Europa.

Inwiefern stellt der Kreislaufgedanke Architekten und Planer vor neue Fragen?

Es ist eine Herausforderung, ein Gebäude so zu konzipieren, dass es sich für eine flexible Nutzung eignet. Das bedingt eine sehr komplexe, zeitaufwändige Planung. Heute tendieren wir dazu, Gebäude für eine ganz spezifische Situation zu bauen – zum Beispiel für eine Mittelklassefamilie mit kleinen Kindern. Aber woher sollen wir wissen, was eine Mittelklassefamilie in 30 Jahren braucht? Wenn wir hingegen an alte Gebäude denken – zum Beispiel an die alten Lagerhallen in Kopenhagen –, sehen wir, dass bereits ihre Grundkonstruktion diverse Nutzungsarten möglich macht. Eine solche Perspektive ändert die Arbeit der Architekten radikal.

Was bedeutet dieser Wandel für Sanitärunternehmen?

Sie sind mit denselben Trends konfrontiert, wie alle anderen Akteure der Baubranche. Es geht darum, gesunde, energieeffiziente Produkte und Lösungen zu entwickeln, die unsere Ressourcen schonen – Baumaterialien, Energie und Wasser gleichermassen. Wir beschäftigen uns zunehmend mit Fragen wie: Wie ist dieses Produkt hergestellt? Wie langlebig ist es – und kann ich es reparieren oder sogar rezyklieren?

Inwiefern trägt die Digitalisierung zu einer nachhaltigen Baubranche bei?

Tatsächlich ist die Digitalisierung die Voraussetzung für eine nachhaltige Bauwirtschaft. Um den Lebenszyklus von Materialien und Produkten zu planen, braucht es eine Infrastruktur für Daten. Eine Art Materialpass oder Gebäudepass mit allen detaillierten Informationen ist aber nur digital möglich. Da wir erst am Anfang dieses Prozesses stehen, ist es umso wichtiger, nutzungsfreundliche Tools zu entwickeln.

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